Jedes Weihnachten kommt bei uns der Re-Run von Charles Dickens‘ „A Christmas Carol“ in Form von Bill Murrays Komödie „Scrooged“. Wie das Krippenspiel vom Heiland im Heu nie seinen Glanz verliert, hört Scrooge nicht auf, zu mir zu sprechen. Dreißig Mal gesehen, und doch verberge ich jedes Mal meine Tränen, wenn Frank Cross am Ende vor der Kamera die ganze Welt zum Weihnachtsfest einlädt.
Die Geschichte ist bekannt: Drei Geister rücken den Geizkragen Ebenezer Scrooge gerade. Aber in der Version von 1988 gibt es diesen besonderen Moment, wenn Bill Murray aus dem Fahrstuhl stolpert und als neuer Mensch ausruft: „I was a schmuck!“ „Schmuck“ ist der jiddische Begriff für „Volltrottel“. Genau an dieser Stelle springe ich auf die Couch, und mein Herz hämmert. Im Hebräischen gibt es den genialen Gedanken der „Teshuva“ – der Kehrtwende, 180 Grad, 360 für Annalena Baerbock – der nimmeralte Erzählungen von der Heimkehr, der Umkehr, von der langen Reise nach Hause. Zu finden in Homers Odyssee. Oder in „Der Zauberer von Oz“, wo Dorothy den unvergesslichen Satz spricht: „There’s no place like home.“ Oder in Frodos Rückkehr ins Auenland.
Vielleicht ist manchmal das Streben nach Höherem, Weiterem und Schnellerem ein Irrweg. Stattdessen führt der richtige Pfad zurück zu Vertrautem – ein Ticket nach Hause, wo es einst gut war. So segelt Odysseus zehn Jahre zu seiner Penelope. Dorothy nimmt mit einem feigen Löwen, einer dummen Vogelscheuche und einem herzlosen Blechmann den langen Weg zurück nach Kansas. Und Frodo macht den gefährlichen Umweg zu Saurons Schicksalsberg, um eines Tages wieder in seiner Hobbit-Höhle zu hausen.
Große Geschichten bewegen und berauschen uns. Und meine Frau zupft an meinem Hemd und sagt: „Bitte, komm wieder von der Couch runter.“ Wer weiß, vielleicht hat uns Bill Murray die ersten vier Worte geschenkt, mit denen unser eigener Bestseller von der Heimkehr beginnt: „I was a schmuck.“