In Hannah verliebte ich mich.
Als ich sie wie Giuseppe den Pinocchio aus dem Nichts hervorschnitzte. Aus dem kitzelnden Duft von Sägespänen erhob sich die schwarzhaarige Jüdin. Kaskaden von Locken und ein Lachen wie ein Wasserfall.
Keine klassische Schönheit, aber die Verkörperung aller schönen Bewegungen.
In ihren Augen tobte das Chaos. Und brach sich platzend über ihre Lippen Bahn.
Alles, was sie berührte, drehte und bewegte sich, wurde selbst zum Sog und Wirbel.
Wie hätte sich Heinrich nicht in sie verlieben können? Die bewegte Schönheit von nebenan mit dem orkanartigen Lachen einer Opernsängerin.
In meinen Geschichten ist es nicht immer leicht zu sagen, wer die Hauptrolle innehat. Weil ich jeden einzelnen Charakter so lange schnitze, bis er oder sie wie Pinocchio zum Leben erwacht und dickköpfig klackernd ein Eigenleben führt.
Selbst wenn wir ein Genre nicht mögen, so lassen uns manche Gestalten nicht mehr los. Ihnen gehört unser “w.o.w”. Ihnen folgen wir bis zum großen Finale.
Warum?
Weil ein unvergesslicher Charakter seine eigene Handlung ist.
Darf ich vorstellen: Hannah. Die Nebenfigur, ohne die der Hades undenkbar wäre. Die heimliche Hauptfigur.
Hannah knipste das Radio an und entfesselte ihren Körper, der wie eine Windrose in graubleichen Trichtern den Sandsturm unten mit dem tobenden Himmel oben verband. Ihr Kreisen war wie der erste Tag der Schöpfung, als das ewige Om urknallte, Schallwellen durch den Uterus hallten und bis zur Stunde nachwirkten. Hannahs Kosmologie war Chaosforschung. Sie selbst verkörperte eine Symbiose aus Gefahr und Schönheit. Ihr rastloses Flattern erhob sich zu einer erhabenen Ruhe. Falls ein Gott den Globus aus dem Nirgendwo hervorgesprochen hatte, musste sein Frieden am siebten Tag das Spiegelbild ihrer Augen gewesen sein, der Sabbat nach dem Tohuwabohu, das Schalom der Sternengeburten.