Das verflixte „UM ZU“

Arbeitest du, um zu leben, oder lebst du, um zu arbeiten? Eine Frage, die in einem Vorstellungsgespräch gestellt werden könnte, um uns zu verführen. Konnektoren in der Grammatik können etwas Teuflisches haben, wenn man sie geschickt für seine Zwecke einsetzt.

Mein Altgriechisch-Professor Horstmann, eine wahre Type, hat uns die Grammatik schonungslos eingetrichtert. Seitdem weiß ich, dass die Wörter „um zu“ und „damit“ einen sogenannten Finalsatz einleiten – das Ziel einer Handlung, eine Absicht.

Die Frage, ob wir leben, um zu arbeiten oder umgekehrt, verbindet das Leben und die Arbeit mit einer bestimmten Zielrichtung. Aber was, wenn ich das gar nicht will? Mein Gegenüber kann das gerne für sich so handhaben, aber warum sollte ich das tun? Kann er oder sie mich zwingen? Doch ich will den Job ja haben, also muss ich klug antworten. Ich fühle mich manipuliert, aber warum?

Für viele Dinge im Leben würde ich keinen Konnektor verwenden, der einen Finalsatz einleitet. Ich würde nicht sagen: „Ich lebe, um zu sterben“. Das klingt komisch. Ein einfaches „und“ tut es auch: „Ich lebe und werde sterben.“ Das passt. Es wird Tag, damit es Nacht wird? Nah, Tag und Nacht hängen nicht kausal zusammen, oder doch?

Wenn ich das „um zu“ meines Gegenübers akzeptiere, dann beginnt der ganze Mist. Ich muss mich mit Motivationen beschäftigen, mich selbst hinterfragen und mir die Frage gefallen lassen, was ich eigentlich will. Muss ich das wirklich beantworten? Hat der Bauer vor 300 Jahren das auch getan? Oder hat er einen anderen Konnektor verwendet, der eher passiver Natur war, wie das Wörtchen „weil“: „Ich arbeite, weil ich muss, mein Gutsherr zwingt mich dazu, und außerdem, weil ich fünf Mäuler stopfen muss – meins inklusive.“ Ja, „weil“ besitzt etwas poetisch Passives. „Warum müssen wir sterben?“, fragt das Kind. Nun, weil das halt so ist.

Und schließlich gibt es noch das große, gleichgültige „und“ als Konnektor. Ich habe die stille Vermutung, dass die meisten Menschen ihre Lebenswelten damit verknüpfen. „Ich arbeite und ich lebe.“ Irgendwie stehen beide nebeneinander wie Menschen an der U-Bahn. So dürfen sie reden; wir leben ja in einem freien Land. „Es wird Tag, und es wird Nacht“ – funktioniert wunderbar. „Ich lebe, und ich werde sterben.“ Achselzucken.

Ich erhebe mich von meinem Stuhl beim Vorstellungsgespräch und sage dem Herrn und der Dame, dass sie mich mal gerne haben können. Mit welchen Konnektoren ich meine Sätze und damit meine Welt verknüpfe, entscheide immer noch ich.

Und du? Welche verwendest du?

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