Das Imageproblem der Imperative

Die Vermutung überkommt mich, dass nur ich Imperative toll finde. Viele hassen sie oder hegen eine Zweckgemeinschaft mit den Dingern, die immer nur sagen: Du musst! Du sollst! Du darfst nicht!

Ich verstehe schon. Imperative engen uns ein, verbieten den Spaß und zwingen uns dazu, das Ungewollte zu sollen. Der Teil leuchtet mir ein. Also schafft man sich womöglich seine eigenen Imperative, dann fühlt man sich nämlich nicht so fremddiktiert.

Ehrlich jetzt?

Ich muss lächeln, denn wir wurden wohl in das Land mit den meisten Gesetzen hineingeboren. Wir schwimmen förmlich in Imperativen.

Straßenverkehrsgesetze, BGB, StGB, Steuerrecht, Handelsrecht, Baugesetzbuch, Hausordnung, AGB, Sozialgesetzbuch, Grundgesetz – ad infinitum.

Die Imperative wurden uns aufoktroyiert. Du glaubst mir nicht? Dann fahr mal bei Rot über die Straße, überfalle eine Bank oder drehe die Musik um Mitternacht im Mehrfamilienhaus voll auf. Schau, was passiert.

Der tiefere Sinn von Imperativen ist – so komisch das auch klingt – damit wir frei sind! Zwar sind wir nicht mehr frei, tun und lassen zu können, wie wir wollen. Doch dasselbe gilt auch für alle anderen. Und damit sind wir frei von der Willkür der anderen. Imperative schützen uns vor Gewalt. Schützen unser Eigentum und die Nachtruhe.

Möchte denn wirklich jemand in einer Welt ohne Mutterschutz-, Kündigungsschutz- oder Datenschutzgesetze leben?

Noch bevor wir geboren wurden, hatten wir bereits Rechte; das heißt, andere hatten eine Pflicht, einen Imperativ, uns gegenüber.

Aristoteles sagte, dass der Mensch ohne Imperative das niedrigste Lebewesen sei, mit aber das höchste.

Meinst du nicht auch, dass Imperative einen neuen Anstrich brauchen?

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