Mini Me – Philosophie zum Wochenende

Ich bezweifle, dass das Ich einen Kern oder eine Substanz besitzt, eine Art Mini Me. Warum tue ich das? Nun, man kann sich die Welt auch ohne erklären.

Philosophen haben erkannt, dass man Ichs massenproduzieren kann. Ich zeige dir wie.

Du liest diesen Text, dabei kannst du auf dich als Lesenden reflektieren. Also hast du ein lesendes Ich und ein reflektierendes Ich. Zwei ichs also.
Aber hier hört es nicht auf.
Im nächsten Schritt kannst du auf das reflektierende Ich reflektieren, das auf das lesende Ich reflektiert. Voilà, drei Ichs.
Mache so weiter und du hast vier, fünf, sechs etc. Ein unendlicher Regress.

Damit man sich nicht im Unendlichen verläuft, setzt man ein erstes Ich, ein wahres Ich. Oder: Mini Me.

Karin Tiller würde anmerken, dass ich das Ich verneine, aber dabei das Wort “Ich” ständig benutze. Sehr richtig. Es ist ein grammatisches “Ich”. Ein Konstrukt.

Sehr wohl konstruiere ich ein Ich und ein Selbstbild. Aber ich glaube nicht, dass es hinter all den Konstruktionen das wahre, das eine Mini Me gibt, das entdeckt werden will.

Das hat auch Vorteile.

Ich verwende null Zeit damit, um herauszufinden, wer ich wirklich bin. Wie gesagt: Ich finde nicht; ich konstruiere.

Gäbe ich ein wahres Ich, dann wäre ich darauf festgenagelt, so und nicht anders zu sein. So aber bin ich frei, mich neu zu erfinden.

Fazit: Ich bin ich – und beide Ichs sind konstruiert.

Erzähle mir etwas von deinem Ich.

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